plot


kokon

In einer riesigen Schachtel hört man – schwach – eine Spindel schnarren. Ein einziger Raum, nach allen Ecken leer, wiegt sich still in den Abend. Grell beginnt eine Lampe im Takt zu flattern. Eine schwarz verschmierte Spinnerin mit rotem Kussmund kniet unter einem wollig weißen Kokon, der fest entschlossen am Schachtelplafond schlottert und fast lose in die Tiefe hängt. Und da…das Flackerlicht macht in einer Ecke eine kärgliche Frau mit Bratsche sichtbar, die fingerfreie Handschuhe trägt und einen von Spinnweben umgarnten Bogen aus dem Unscheinbaren zieht. Ein Schrei! Was für ein Jammer! In dem borstigen Gehäuse an der Decke kauert - mit üppigen Lederriemen zusammengeschnürt - ein geifernder Homunkulus mit klebrigen Schwingen, die sich in der strengen Umklammerung um einen haarigen, noch unfertigen Panzer legen, als wäre der „Ungeborene“ Brut und Leiche in einem. Mit langen Rosendornen, die senkrecht in den Händen stecken, und einem mit bleichweißen Tüchern verhüllten Bindenkopf umfesselt Frau Jansen den blutigen Spinnrocken, der vermeintlich, ja… – nun sieht man es ganz genau – ja vorsätzlich an diesem Kokon hängt, ihn speist und gleichzeitig daran zieht. Voll Gift und Häme grollt die Spinnerin ein Lied von Entbehrung und Armseligkeit. Was hier passiert, ist unwiederbringlich seltsam und völlig entseelt. Vor der Schachtel sitzt Janós Flier, ein blinder Klavierspieler, an einem wunderlichen Stück Flügel und greift fast bequem in die vergilbten, ausgebrochenen Tasten.

Herr Jansen tritt unter die glimmende Lampe – im Schein wirkt er stattlich, als Hauptmann verkleidet – , geht links, dann rechts, nun wieder links, hebt eine Pistole über seinen Kopf, feuert einen Startschuss durch die Schachtel und schreit in den Nachthimmel: „Es ist mein Gift!“ Wie ein langsam in Fahrt kommendes Uhrwerk scheint sich nun das Innenleben dieser Schachtel kriechend säumig aufzuziehen. Ein Bohemien mit Entenkopf und Kontragitarre schmeichelt der schwarz verschmierten Spinnerin mit bitterem Gelächter, hockt sich hinzu und streichelt einen wohl genährten Erpel, der eine lederartige Kappe trägt. Wieder ein Schrei! Der Homunkulus hängt immer noch kopfwärts in den Schachtelraum, hat weder Augen, noch Ohren, aber einen Mund, in dem ein rostiger Knebel steckt. Sein Kopf sieht völlig verpuppt und versponnen aus. Weißer Schleim tropft vom Plafond. Was ist das nur im Ganzen? Ein Käfer? Eine Made? Ein Tier? Nein. Nein. Ein Menschlein ist’s – von Gift genährt und in der Wolle eingesperrt. Es jammert fort und winselt laut. Die Bratsche klingt nach klammer Luft, empor steigt fauler Entenduft.